Gründer stehen häufig vor dem Problem, dass ihre Kennzahlen (Key Performance Indicators, KPIs) die gewünschte Firmenbewertung für eine Finanzierung nicht hergeben. Die Idee mag gut und die Gründer hochmotiviert sein, aber wenn die Umsätze niedrig oder kaum vorhanden sind und ein Profit erst in Monaten oder Jahren prognostiziert werden kann, ist die Skepsis der Investoren nachvollziehbar. Aber ohne Kapital ist kein Wachstum möglich, sodass Gründer häufig gezwungen sind, gleich am Anfang viel mehr Anteile abzugeben, als ihnen lieb ist, um an das erforderliche Kapital zu kommen.
Ein Ausweg kann mezzanine capital in der Form eines convertible loans sein, zu deutsch: Wandelanleihe. Der Ausdruck mezzanine capital kommt von Bilanzrecht und stellt darauf ab, dass mezzanine capital eine Zwischenposition zwischen Eigen- und Fremdkapital darstellt. Es gibt noch andere Formen des mezzanine capitals wie die stille Beteiligung oder Genussscheine, aber der convertible loan ist wohl die häufigste und relevanteste Form.
Der convertible loan ist zunächst ein ganz normaler Firmenkreditvertrag, mit Laufzeit, Zins und Fälligkeit, der grundsätzlich als Fremdkapital verbucht wird. Das ideale, von den Gründern beabsichtigte Szenario ist, dass sich die Firma gut entwickelt und der Kredit am Ende der Laufzeit zurückgezahlt wird. Es gibt dann keine Wandlung des Kredits und die Gründer mussten keine Anteile abgeben, was Sinn des Konstrukts war.
Es gibt aber auch das Szenario, dass sich die Gesellschaft nicht so entwickelt wie erhofft, und der Lohn am Ende der Laufzeit nicht zurückgezahlt werden kann. Dann kann oder muss (das ist schon eine entscheidende Weichenstellung) der Kreditgeber seinen Kredit zu einer in der Regel vorher festgelegten Firmenbewertung in eine Gesellschaftsbeteiligung umwandeln, was dann Eigenkapital darstellt.
Das ist aber normalerweise nicht die einzige Situation, in der der Kredit umgewandelt werden kann/muss. Falls es vor Fälligkeit des Darlehens doch eine Eigenkapitalrunde gibt, also Dritte zu einer bestimmten Firmenbewertung investieren, denen die Gründer ja zwangsläufig zugestimmt haben, ist es üblich, dass der Kreditgeber zu gleichen Bedingungen konvertiert. Einen ausstehenden Kredit mit Wandlungsoption würden die neuen Investoren wohl auch nicht akzeptieren.
Die Verhandlungslage bei convertible loans ist komplex, die zu bedenkenden Szenarien zahlreich und es gibt viele Stellschrauben:
– Wer hat eigentlich das größere Interesse an der Wandlung, die Gründer oder die Investoren? Sicherlich hätte der Investor gerne die Möglichkeit der Wandlung, würde sich die Optionen aber lieber offenhalten. Die Gründer hätte gerne die Verpflichtung zur Wandlung, sodass sie bei Kapitalknappheit zumindest eine Insolvenz verhindern können, was ansonsten ein enormes Druckmittel des Investors wäre. Das wiederum wird sich der Investor über eine niedrigere Bewertung vergüten lassen. Die Bewertung wird also für den Fall der Nichtrückzahlung (noch) niedriger liegen als diejenige, die er am Anfang für Gesellschaftsanteile zu zahlen bereit gewesen wäre („discount“).
– Wird der Kredit bei Fälligkeit nicht zurückgezahlt, wird der Firmenwert zur Zeit der Konvertierung von den dann vorliegenden KPIs abhängig gemacht wird. Dabei ist zu bedenken, dass die Regelung nur zum Tragen komm, wenn der Kredit nicht zurückgezahlt werden kann, die Gesellschaft also jedenfalls nicht wie erhofft performt. Die Klausel stellt damit eine weitere Wette auf eine unsichere Zukunft dar.
– Schließlich will der Investor zumindest verhindern, dass bei einer Eigenkapitalrunde vor Fälligkeit ein hoher Firmenwert fingiert wird, sodass er zu einer Wandlung zu einer unrealistisch hohen Bewertung gezwungen wird. Es ist sonst denkbar, dass ein (eventuell mit den Gründern verbundener) Investoren eine kleine Beteiligung zu einem überhöhten Preis kauft, und der Investor zu einen Wert Anteile konvertieren muss, dem er/sie ansonsten nie zugestimmt hätte. Unter welchen Bedingungen die Eigenkapitalrunden at arm’s lenght ist, also ein faires Geschäft zwischen unabhängigen Parteien vorliegt („qualifizierte Finanzierungsrunde“), ist häufig Gegenstand von Diskussionen. Ein gewisses Volumen müsste die Investition schon haben und die neuen Investoren sollten nicht mit den Gründern verbunden sein.
– Ein technisches Spezialproblem ist, ob bzw. unter welchen Umständen die Wandelanleihe notariell beurkundungs- bzw. beglaubigungspflichtig ist und welche Parteien beteiligt werden müssen. Ansatzpunkte sind § 55 Abs.1 GmbHG, der die (für die Wandlung erforderliche) Übernahme eines Geschäftsanteils beurkundungspflichtig macht bzw. § 53 Abs. 3 GmbHG, der das Gleiche für eine eventuell erforderliche Abänderung des Gesellschaftsvertrags verlangt. Schließlich kommt § 15 Abs. 4 GmbH zum Tragen, wenn sich eine Partei zur Übertragung von Geschäftsanteilen verpflichtet. Das kann dann der Fall sein, wenn ein Gesellschaftervertrag (shareholder agreement) mit drag along-right (Mitverkaufsverpflichtung) existiert, dem der Kreditgeber nach Wandlung beitreten muss. Die Rechtsprechung zu diesen Problemen ist leider unklar. Hier ist anwaltliche Beratung ein Muss.
Das ist nur ein kleiner Ausschnitt der potenziellen Diskussionspunkte. Es bleibt festzuhalten, dass ein convertible loan zwar die Beteiligung der Gründer schonen kann, aber bei der Verhandlung sowohl die Verhandlungspunkte eines normalen Kredits als auch diejenigen eines Anteilskaufs und einer späteren Gesellschafterstellung mitbedacht werden müssen.